Aus Sicht des Facility Managements ist es verwunderlich, dass BIM-Modelle nach Fertigstellung eines Bauwerks derzeit nur selten für die weiteren Lebenszyklusphasen des Gebäudes eingesetzt werden. Dabei bleiben viele Nutzungsmöglichkeiten der bereits erfassten Daten, die große Mehrwerte bieten würden, auf der Strecke. Dies gilt ganz besonders für den Bereich Wartung und Instandhaltung, aber auch für andere FM-Bereiche wie beispielsweise das Flächenmanagement oder das Bauprojektmanagement.
Für die effiziente Bewirtschaftung von Gebäuden ist eine aussagekräftige Datengrundlage das A und O. In der Vergangenheit war die Beschaffung dieser Daten in der Regel eine sowohl zeit- als auch kostenintensive Angelegenheit. Seit Einführung der BIM Methode liegt bei immer mehr Neubauprojekten ein Großteil dieser Informationen in einem hohen Detaillierungsgrad jedoch schon vor: im BIM Modell.
Ausgehend von einem kompletten BIM Modell, das den Status „as-built“ bzw. „LOD 500 (Bestandsdokumentation)“ erfüllt, können die bereits vorhandenen Daten aus der Bauphase um Daten zu Betrieb, Instandhaltung und Wartung ergänzt werden, so dass man das so wichtige digitale Abbild des realen Gebäudes als Basis für digitale Geschäftsprozesse im Gebäudemanagement erhält. Der gezielte Einsatz und die Nutzung von BIM Modellen ist damit ein wichtiger Step unter dem Aspekt der Digitalisierung.
Die Vorteile von BIM für Wartungstätigkeiten
Welche Mehrwerte sich durch die Nutzung von BIM ergeben, lässt sich sehr anschaulich an der Wartung einer technischen Anlage erläutern. Traditionell musste der ausführende Techniker zunächst diverse 2D-Pläne und Datenblätter studieren und sich mit den baulichen und technischen Gegebenheiten der Umgebung vertraut machen, bevor er mit seiner eigentlichen Tätigkeit beginnen konnte.
Bei Nutzung eines BIM Modells ergibt sich ein großer Mehrwert bereits durch die Visualisierungsmöglichkeit in 3D. Ohne diverse Schnitte und Grundrisse in 2D durchsehen zu müssen, ist dank 3D Sicht das zu wartende Objekt einfach zu lokalisieren – und zwar sowohl am Büroarbeitsplatz als auch an einem mobilen Gerät direkt vor Ort. Gleiches gilt für Leitungen, die bei den Wartungsarbeiten leicht beschädigt werden könnten. Neben der Einsparung von Zeit und Geld durch die schnelle Verortung der Arbeiten kommen hier also auch sicherheitstechnische Überlegungen ins Spiel.
Sind die Daten des BIM Modells mit einem CAFM System verbunden, können zusätzlich zu der 3D Sicht auch alle relevanten technischen Daten der Anlage und sogar die notwendigen Wartungsschritte eingeblendet werden. Der Techniker wird also direkt an der Anlage durch definierte Arbeitsschritte in seiner Tätigkeit unterstützt. Er kann diese sofort digital dokumentieren, bei Problemen direkt Meldungen absetzen oder auf im System hinterlegte Dokumentationen zurückgreifen.
Neben Smartphone und Tablet kommen bei Instandhaltungsmaßnahmen immer häufiger auch Augmented-Reality-Brillen zum Einsatz. Auch diese können auf die Daten von BIM Modellen zurückgreifen.
Mögen 3D und Augmented-Reality-Brillen in vielen Fällen vielleicht noch Zukunftsmusik sein, so sei erwähnt, dass auch die klassischen 2D Pläne aus BIM Modellen aufgrund des objektorientierten Ansatzes im Vergleich zu den zeichnungsorientierten CAD Plänen bereits einen erheblichen Vorteil bieten. Zudem sollte auch den Optionen der Zusammenführung von Plandaten und geografischen Daten über BIM Modelle Beachtung geschenkt werden, werden dadurch doch die klassisch getrennten Welten CAD und GIS zu räumlichen Gesamtinformationen sinnvoll zusammengeführt.
Softwaretechnisch verfügen wir über die Voraussetzung, um BIM und Facility Management zielgerichtet im Sinne eines ganzheitlichen digitalen Lebenszyklusmanagements zu verbinden. Es fehlt lediglich an der Nutzung der Optionen, die jedoch im Zuge der Digitalisierung immer mehr als zwingende Voraussetzung gestalten werden.
Henrik Sperling, Geschäftsführer TOL GmbH, für das BIM Magazin 2019